
Mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Veräußerung von Strom aus einem von einer Privatperson betriebenen Blockheizkraftwerk befasst sich jetzt das Bundesministerium der Finanzen und reagiert mit Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass auf ein entsprechendes Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2008.
Der Bundesfinanzhof hatte in diesem Urteil entschieden, dass ein in ein Einfamilienhaus eingebautes Blockheizkraftwerk, mit dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, der regelmäßig gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung dient. Eine solche Tätigkeit begründet daher unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen die Unternehmereigenschaft des Betreibers, auch wenn dieser daneben nicht unternehmerisch tätig ist. Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks ist daher, wie der Bundesfinanzhof in einem heute veröffentlichten Urteil entschieden hat, unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren.
Inhalt[↑]
Kraft-Wärme-Kopplung und Blockheizkraftwerke[↑]
Eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage dient der Erzeugung von elektrischer und thermischer Energie (Strom und Wärme, sog. Kraft-Wärme-Kopplung – KWK -) in einem Block. Eine Form der Kraft-Wärme-Koppelung ist die Erzeugung in Blockheizkraftwerken. Dabei wird mit einem Motor zunächst mechanische Energie erzeugt und diese durch einen Generator in Strom umgewandelt, wobei die beim Betrieb von Motor und Generator anfallende (Ab-)Wärme in der Regel am Standort der Anlage oder in deren unmittelbarer Umgebung für Zwecke der Heizungs- und Brauchwassererwärmung, ggf. auch zu KUhlungszwecken verwendet wird. KWK-Anlagen in Gebäuden arbeiten in der Regel wärmegeführt, d.h. in Abhängigkeit von der benötigten thermischen Energie; in diesem Fall erzeugt die Anlage nur dann elektrische Energie, wenn auch Wärme benötigt wird.
Netzbetreiber sind im Rahmen des Kraft-Wärme-Kopplung-Gesetzes (KWKG) zur Abnahme und Vergütung von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verpflichtet. Die Höhe der Vergütung ist unter Berücksichtigung der Zuschläge nach dem KWKG – im Gegensatz zu Photovoltaikanlagen – geringer als der übliche Bezugspreis für Strom. Selbst erzeugter Strom wird daher vorrangig zu eigenen Zwecken verwendet, eine Einspeisung in das öffentliche Netz erfolgt, wenn Überschüsse erzeugt werden. Ein möglichst gleich bleibender Wärmebedarf und gleichzeitiger Strom bedarf erhöhen daher die Wirtschaftlichkeit der Kraft-Wärme-Kopplungsanlage.
Unternehmereigenschaft des Betreibers einer KWK-Anlage[↑]
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 18. Dezember 2008 zum Betrieb eines Blockheizkraftwerks entschieden:
- Ein in ein Einfamilienhaus eingebautes Blockheizkraftwerk, mit dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, der ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, dient der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung.
- Eine solche Tätigkeit begründet daher —unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen— die Unternehmereigenschaft des Betreibers, auch wenn dieser daneben nicht anderweitig unternehmerisch tätig ist.
- Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks ist unter den allgemeinen Voraussetzungen des §15 UStG zu gewähren.
Leistungsbeziehungen beim dezentralen Verbrauch von (elektrischer) Energie[↑]
Seit dem 1. Januar 2009 wird auch der sog. Direktverbrauch (dezentraler Verbrauch von Strom durch den Anlagenbetreiber oder einen Dritten) bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlage nach § 4 Abs. 3a KWKG gefördert. Im Unterschied zur Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die nur für nach dem 31. Dezember 2008 erstmals installierte Photovoltaikanlagen gewährt wird, gilt die Förderung nach dem KWKG auch für bereits installierte Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die die Fördervoraussetzungen nach dem KWKG erfüllen. Eine Förderung von KWK-Anlagen, die bereits eine Förderung nach dem EEG in Anspruch nehmen, wird hingegen nicht gewährt.
Die unterschiedliche Art der Energieerzeugung (aus solarer Strahlungsenergie bei Photovoltaikanlagen bzw. mittels Verbrennungsprozess bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlage) sowie die unterschiedlichen Antriebe bei Kraft-Wärme-Kopplungsanlage (fossile Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas oder Flüssiggas bei Anlagen nach dem KWKG bzw. Brennstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen wie Biomasse, Holz- oder Strohpellets, Pflanzenöl, Bioethanol oder Biogas, ggf. auch solare Strahlungsenergie bei Anlagen, die unter das EEG fallen) haben keinen Einfluss auf die Beurteilung der umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen.
Änderungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass[↑]
Dies führt zu einigen Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses:
(2) 1Der nach § 9 KWKG zwischen den Netzbetreibern vorzunehmende Belastungsausgleich vollzieht sich nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs. 2Gleiches gilt für den ab dem 1.1.2010 vorzunehmenden Belastungsausgleich nach der Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus vom 17.7.2009 bezüglich des Ausgleichs zwischen Übertragungsnetzbetreibern und Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Zahlung der EEG-Umlage nach § 3 AusglMechV). 3Bei diesen Umlagen zum Ausgleich der den Unternehmen entstehenden unterschiedlichen Kosten im Zusammenhang mit der Abnahme von Strom aus KWK- bzw. EEG-Anlagen handelt es sich nicht um Entgelte für steuerbare Leistungen. 4Die vorstehenden Ausführungen sind nicht anzuwenden, soweit Belastungsausgleichs-Endabrechnungen der Kalenderjahre 2008 und 2009 betroffen sind (vgl. § 12 AusglMechV).
(Abschnitt 1.7 USt-AE)
(1) 1Soweit der Betreiber einer unter § 3 EEG fallenden Anlage oder einer unter § 5 KWKG fallenden Anlage zur Stromgewinnung den erzeugten Strom ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz einspeist, dient diese Anlage ausschließlich der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung (vgl. BFH-Urteil vom 18.12. 2008, V R 80/07, BStBl II S. xxx)). 2Eine solche Tätigkeit begründet daher – unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen und unabhängig von der leistungsmäßigen Auslegung der Anlage – die Unternehmereigenschaft des Betreibers, sofern dieser nicht bereits anderweitig unternehmerisch tätig ist. 3Ist eine solche Anlage – unmittelbar oder mittelbar – mit dem allgemeinen Stromnetz verbunden, kann davon ausgegangen werden, dass der Anlagenbetreiber eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne der Sätze I und 2 ausübt. 4Eine Unternehmereigenschaft des Betreibers der Anlage ist grundsätzlich nicht gegeben, wenn eine physische Einspeisung des erzeugten Stroms nicht möglich ist (z. B. auf Grund unterschiedlicher Netzspannungen), weil hierbei kein Leistungsaustausch zwischen dem Betreiber der Anlage und dem des allgemeinen Stromnetzes vorliegt.
…Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen)
(7) 1Nach § 4 Abs. 3a KWKG wird auch der sog. Direktverbrauch (dezentraler Verbrauch von Strom durch den Anlagenbetreiber oder einen Dritten) gefördert. 2Hinsichtiich der Beurteilung des Direktverbrauchs bei KWK-Anlagen sind die Grundsätze der Absätze 4 und 5 für die Beurteilung des Direktverbrauchs bei Photovoltaikanlagen entsprechend anzuwenden. 3Umsatzsteuerrechtlich wird demnach auch der gesamte selbst erzeugte und dezentral verbrauchte Strom an den Netzbetreiber geliefert und von diesem an den Anlagenbetreiber zurückgeliefert. 4Die Hin- und Rücklieferungen beim dezentralen Verbrauch von Strom liegen nur vor, wenn der Anlagenbetreiber für den dezentral verbrauchten Strom eine Vergütung nach dem EEG oder einen Zuschlag nach dem KWKG in Anspruch genommen hat. 5Sie sind nur für Zwecke der Umsatzsteuer anzunehmen.
Bemessungsgrundlage bei dezentralem Verbrauch von Strom
(8) 1Wird der vom Anlagenbetreiber oder von einem Dritten dezentral verbrauchte Strom nach dem KWKG vergütet, entspricht die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Anlagenbetreibers dem üblichen Preis zuzüglich der nach dem KWKG vom Netzbetreiber zu zahlenden Zuschläge und ggf. der sog. vermiedenen Netznutzungsentgelte (Vergütung für den Teil der Netznutzungsentgelte, der durch die dezentrale Einspeisung durch die KWK-Anlage vermieden wird, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 KWKG), abzüglich einer eventuell enthaltenen Umsatzsteuer. 2Als üblicher Preis gilt bei KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 2 Megawatt der durch schnittliche Preis für Grundlaststrom an der Strombörse EEX in Leipzig im jeweils vorangegangenen Quartal (§ 4 Abs. 3 KWKG); für umsatzsteuerrechtliche Zwecke bestehen keine Bedenken, diesen Wert als üblichen Preis bei allen KWK-Anlagen zu übernehmen. 3Die Bemessungsgrundlage für die Rücklieferung des Netzbetreibers entspricht der Bemessungsgrundlage für die Hinlieferung ohne Berücksichtigung der nach dem KWKG vom Netzbetreiber zu zahlenden Zuschläge.
…
4Bei der Abgabe von elektrischer Energie bestehen hinsichtlich der Anwendung der Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 und Abs. 5 UStG keine Bedenken dagegen, den Marktpreis unter Berücksichtigung von Mengenrabatten zu bestimmen; Abschnitt 10.7 Abs. 1 Satz 5 bleibt unberührt. 5Ungeachtet der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage für die Hinlieferung des Anlagenbetreibers an den Netzbetreiber hat dieser keinen höheren Betrag zu entrichten als den nach dem KWKG geschuldeten Zuschlag bzw. die Vergütung nach dem EEG.Mindestbemessungsgrundlage bei der Abgabe von Wärme
(9) 1Wird die mittels Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Wärme an einen Dritten geliefert, ist Bemessungsgrundlage für diese Lieferung grundsätzlich das vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 UStG). 2Handelt es sich bei dem Dritten um eine nahe stehende Person, ist die Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG zu prüfen. 3Hierbei ist – ebenso wie bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG im Falle der unentgeltlichen Wertabgabe von Wärme nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG – stets von den Selbstkosten auszugehen, weil die Wärme vom Betreiber der KWK-Anlage selbst erzeugt wird und es somit keinen vom Betreiber zu zahlenden Einkaufspreis für die Wärme gibt. 4Bei der Ermittlung der Selbstkosten sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten der KWK-Anlage auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von zehn Jahren zu verteilen (vgl. BMF-Schreiben vom 15.12.2000, BStBI IS. 1532; AfA-Tabelle AV Fundstelle 3.1.4)). 5Darüber hinaus ist zu beachten, dass nicht eines der Endprodukte Elektrizität oder Wärme ein Nebenprodukt der Gewinnung des anderen Produkts darstellt. 6Die Selbstkosten sind daher stets aufzuteilen, z. B. im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischer und thermischer Energie oder anhand der Leistungskennzahlen der Anlage (sofern diese keine variable Steuerung in Abhängigkeit von nur einer der beiden angeforderten Energiearten zulässt). 7Einheitliche Messgröße für die elektrische und thermische Energie sind kWh.
(10) 1Die Bemessungsgrundlage wird nach § 10 Abs. 5 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG bestimmt, wenn das tatsächliche Entgelt niedriger als diese Mindestbemessungsgrundlage ist und auch das marktübliche Entgelt nicht erreicht (vgl. Abschnitt 10.7 Abs. 1 Satz 4). 2Füir die Ermittlung des marktüblichen Entgelts (Marktpreis) sind die konkreten Verhältnisse am Standort des Energieverbrauchers, also im Regelfall des Betriebs des Leistungsempfängers, entscheidend. 3Ein niedrigeres marktübliches Entgelt ist daher nur anzusetzen, wenn der Leistungsempfänger die bezogene Menge an thermischer Energie auch tatsächlich von einem Dritten beziehen könnte. 4Der Ort, an dem der Leistungsempfänger die Energie verbraucht, muss also in dem Versorgungsgebiet eines entsprechenden Wärmeversorgungsunternehmens gelegen sein; ggf. erforderliche Anschlusskosten sind zu berücksichtigen. 5Ein pauschaler Ansatz kann insoweit nur in Ausnahmefällen und regional begrenzt in Betracht kommen, soweit in diesem Gebiet allgemein zugängliche Bezugsquellen mit entsprechendem Belieferungspotential vorhanden sind.
Vorsteuerabzug
(11) 1Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung oder Herstellung von KWK-Anlagen beurteilt sich nach den Grundsätzen in Abschnitt 15.2 Abs. 21 Nr. 2. 2Der Unternehmer kann bei Herstellung oder Anschaffung der Anlage diese entweder insgesamt seinem Unternehmen (voller Vorsteuerabzug unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG, anschließend Besteuerung der privaten Entnahme von Wärme als Wertabgabe nach § 3 Abs. lb Satz 1 Nr. 1 UStG), im Umfang der unternehmerischen Nutzung seinem Unternehmen (anteiliger Vorsteuerabzug) oder ganz dem nicht unternehmerischen Bereich (kein Vorsteuerabzug) zuordnen. 3Ändern sich bei Zuordnung der Anlage zum Unternehmen die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse innerhalb von zehn Jahren (vgl. BFH-Urteil vom 14.07.2010, XI R 9/09, BStBI II S. 1086), ist der Vorsteuerabzug gemäß § 15a UStG zu berichtigen.
(Abschnitt 2.5 Abs. 1 USt-AE)
(5) Zur Mindestbemessungsgrundlage im Fall der Lieferung von Wärme, die durch eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage erzeugt wird, vgl. Abschnitt 2.5 Abs. 9 und 10.”
(Abschnitt 10.7 Abs. 1 USt-AE)
Übergangsregelung[↑]
Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Sofern bisher ergangene Anweisungen dem entgegenstehen, sind diese nicht mehr anzuwenden.
Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 14. März 2011 – IVD2-S 7124/07/10002 (2011/0197049)





